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Biblische Modelle: Arzt sein und Priester sein

Die folgende Zusammenstellung stammt aus Unterlagen zu Bibelarbeiten, die zwischen 1985 und 1995 gehalten wurden. Sie standen nur als Stichworte zur Verfügung. Arzt und Hirte sein – schon diese Verbindung mutet heute fremd an, aber noch viel fremder ist die Kombination: Arzt und Priester sein. Das gilt für heute, aber ebenfalls für die Zeit vor über 30 Jahren, als wir die Verbindung Arzt und Hirte bzw. Priester in mehreren gemeinsamen Treffen, in Bibelarbeiten und in vielen Gesprächen über einen längeren Zeitraum erarbeitet haben. Schon bei der Suche nach wegweisenden Bibeltexten müssen wir tief graben bis in das 2. Buch Mose:

 

2. Mose 28

9 Und du sollst zwei Onyxsteine nehmen und darauf eingraben die Namen der Söhne Israels, 

10 auf jeden sechs Namen nach der Ordnung ihres Alters. 

11 Das sollst du tun in Steinschneiderarbeit nach der Weise der Siegelstecher, und sie sollen mit Goldgeflecht eingefasst werden. 

12 Und du sollst sie auf die Schulterteile des Schurzes heften, dass es Steine seien zum gnädigen Gedenken an die Israeliten, so dass Aaron ihre Namen auf seinen beiden Schultern trage vor dem HERRN, damit der HERR ihrer gedenke. 

29 So soll Aaron die Namen der Söhne Israels in der Brusttasche auf seinem Herzen tragen, wenn er in das Heiligtum geht, zum gnädigen Gedenken vor dem HERRN allezeit. 

30 Und du sollst in die Brusttasche tun die Lose »Licht und Recht«, sodass sie auf dem Herzen Aarons seien, wenn er hineingeht vor den HERRN, dass er die Entscheidungen für die Israeliten auf seinem Herzen trage vor dem HERRN allezeit. 

 

Aaron trug das Volk Israel auf seinen Schultern und auf seinem Herzen. Sein Amt war eine große Verantwortung und mitunter eine große Last. Das waren unsere Leitgedanken. Daraus ergaben sich für unser „Priesteramt“ als Ärzte folgende mögliche Übertragungen:

 

Seine Patienten auf den Schultern tragen:

Die Lasten von Diagnose und Therapie mitzutragen versuchen. Natürlich nicht bei allen und bei allem und nicht dauernd. Aber einzelne Patienten brauchen das, weil sie selbst eine große Last tragen und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Wir überlegen uns Beispiele, wie das umgesetzt werden kann. Wir denken an Krebserkrankungen, wenn die Therapie nicht mehr hilft und die Metastasen sich ausbreiten. Aber wir denken auch an die Sterbenden.

Seine Patienten auf dem Herzen tragen:

Sie in Empathie begleiten: sich mitfreuen und mitweinen. Auch hier gilt: wiederum nicht bei allen; nicht als Programm; nicht als Überforderung, sondern wie es Gott uns eingibt. Dazu gehört auch die Fürbitte. Wir müssen die Last und Verantwortung vor Gott tragen und dort abgeben.

 

Dazu stammen aus Hebräer 5 wichtige Ergänzungen:

1 Denn jeder Hohepriester, der von den Menschen genommen wird, der wird eingesetzt für die Menschen zum Dienst vor Gott, damit er Gaben und Opfer darbringe für die Sünden. 

2 Er kann mitfühlen mit denen, die unwissend sind und irren, weil er auch selbst Schwachheit an sich trägt. 

 

Einige Stichworte dazu: Geduld, Vergebung und Neuanfang stehen bei Gott höher als die Strafe. Gott ist ein liebender Vater. So auch bei uns: wir wollen keine Patienten verurteilen, auch wenn sie ihre Erkrankung selbst verursacht haben. Die Diagnose kann für unsere Patienten schon schwer genug zu ertragen sein. Wir denken dabei auch an unsere eigenen Schwachheiten und Fehler und sind mit einem Urteil vorsichtig.

 

Dazu noch ein ergänzender Text aus Sprüche 31, der die Fürsorge des Arztes beschreibt, beispielsweise für Patienten in palliativen Situationen, oder in der Not einer Depression. Natürlich wissen wir, dass das starke Getränk oder der Wein V. 6 heute durch wirksame Medikamente ausgetauscht werden soll. Aber auch hier gilt: Barmherzigkeit steht bei Gott höher als Strafe. Der Vers 9 insbesondere hat mich zu besonderen sozialen Verantwortungen geführt.

 

Sprüche 31

6 Gebt starkes Getränk denen, die am Umkommen sind, und Wein den betrübten Seelen, 

7 dass sie trinken und ihres Elends vergessen und ihres Unglücks nicht mehr gedenken. 

8 Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind. 

9 Tu deinen Mund auf und richte in Gerechtigkeit und schaffe Recht dem Elenden und Armen. 

9 Tu deinen Mund auf und richte in Gerechtigkeit und schaffe Recht dem Elenden und Armen.